Pressemitteilung Frontal 21-Bericht „Zur Prostitution gezwungen“: Statement von Freiwillige helfen
Berlin, 24. Oktober 2017
Zum Bericht von Frontal 21 „Zur Prostitution gezwungen“ erklären die ehrenamtlichen Bereichsleitungen von „Freiwillige helfen im Rathaus Wilmersdorf“:
Der Bericht schockiert uns, aus mehreren Gründen. Wir sind schockiert, dass sich auch Bewohner der Unterkunft, in der wir ehrenamtlich aktiv sind, prostituieren bzw. zur Prostitution sogar gezwungen werden sollen. Dass laut des Berichtes auch Minderjährige betroffen sein sollen, macht uns fassungslos und persönlich sehr betroffen.
Notunterkünfte wie das Rathaus Wilmersdorf sollen Schutzräume für Menschen bieten, die schlimmste Kriegserfahrungen und Menschenrechtsverletzungen erleiden musste. Diese Menschen zu schützen und zu unterstützen war und ist Antrieb vieler Freiwilliger, die sich wie wir ehrenamtlich engagieren. Dies gilt für alle unsere Bewohner, vor allem aber für Minderjährige. Dass nun ausgerechnet die verletzlichsten aller Menschen in einem solchen Schutzraum sexuell genötigt und ausgebeutet worden sein sollen, verurteilen wir aufs Schärfste und fordern sofortige und kompromisslose Konsequenzen..
Senat, Behörden und Staatsanwaltschaft sind aufgefordert, sich diesem Skandal sofort anzunehmen. Es wäre fatal, wenn Menschen vor Krieg und Armut flüchten und dann im sicheren Zufluchtsland aus Mangel an gebotenen Perspektiven den einzigen Ausweg in der Prostitution sehen oder in diese Situation gezwungen werden.
Wir sind schockiert, dass laut der bei Frontal 21 getroffenen Aussagen eine Sozialbetreuerin von den Vorgängen gewusst haben soll, ohne einzuschreiten und ohne die Behörden zu informieren. Es muss unverzüglich nachgegangen werden, ob dies tatsächlich zutrifft. Sollte sich dies bewahrheiten, muss staatsanwaltschaftlich geprüft werden, inwieweit hier Personal und Aufsichtsbehörden durch ihre Nichthandlung eine Verletzung der Kinderrechtskonventionen in Kauf genommen oder gar ermöglicht haben.
Dabei wird auch deutlich, dass in den betroffenen Unterkünften, aber auch an den Treffpunkten von sich prostituierenden Geflüchteten, Ansprechpartner benötigt werden, die über eine entsprechende Ausbildung verfügen. Für Selbstversuche ungeschulter Hilfsvereine ist die Situation zu brisant und die Situation der Menschen zu fragil.
Die Tatsache, dass die Security in die Vorgänge verwickelt zu sein scheint, stellt einen massiven Missbrauch der Aufgabe als Personal dar, das für Sicherheit sorgen soll. Mit einzelnen Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes war die Zusammenarbeit in der Vergangenheit teilweise schwierig und wurde von uns entsprechend gegenüber der Security-Geschäftsführung und Unterkunftsleitung kritisiert. Die Darstellung von Frontal 21 macht jedoch deutlich, dass das Fehlverhalten der Security unter Umständen weit über das Kritisierte hinausgeht.
Wir erwarten, dass nun unverzüglich personelle Konsequenzen gezogen werden. Jeder Mitarbeiter, der auch nur möglicherweise in die Vorgänge involviert sein kann, muss mit sofortiger Wirkung von seinen Tätigkeiten freigestellt werden. Der Schutz der Opfer muss höchste Priorität haben. Zudem erwarten wir eine Prüfung staatlicher Stellen, ob und welche Mitarbeiter involviert waren und ggf. strafrechtlich zu belangen sind.
Der Unterkunftsbetreiber und die Securityfirma, aber auch die Behörden, müssen sofort und ohne jede Verzögerung für Aufklärung sorgen. Sollte sich ein Versagen oder gar eine Mittäterschaft aus den Reihen der Mitarbeiter bestätigen steht außer Frage, dass diese Vorfälle personelle oder rechtliche Konsequenzen zur Folge haben müssen.
Als Freiwillige sind wir jederzeit bereit alles zu tun, um bei der Aufklärung zu unterstützen und alles für den Schutz der Bewohner zu tun. Dabei ist klar, dass diese Aufklärung schonungslos erfolgen muss.